Übersetzung ist das zentrale Thema der Neukreation In your head vom Choreografen Pol Pi und dem Solistenensemble Kaleidoskop, die im Juni 2022 in Montpellier Premiere feiert. In dieser Arbeit nehmen sie die Partitur des berühmten 8. Streichquartetts von Schostakowitsch mit Bewegungen, Worten und Musik unter die Lupe und übertragen den „unbewussten Tanz“ einer instrumentalen Aufführung in ein präzises choreografisches Repertoire.
Der Choreograf Pol Pi experimentiert seit über zehn Jahren mit einer eigenständigen choreografischen Sprache, die sich mit Intimität und Erinnerung beschäftigt. Bevor er sich dem Tanz zuwandte, ging er einem Musikstudium an der Bratsche nach. Aus diesen Erfahrungen schöpft die Neukreation „In Your Head“, in der sich Pol Pi erstmals ganz explizit mit seinem klassischen musikalischen Hintergrund beschäftigt.
Am Anfang der Arbeit steht ein bedeutendes musikalisches Werk des 20. Jahrhunderts: das Streichquartett Nr. 8 in c-Moll op. 110 von Dmitri Schostakowitsch, dass der Komponist den Opfern des Krieges und des Faschismus widmete. Dieses emblematische Stück begleitete Pol Pi während seines Musikstudiums und hinterließ in dem Choreografen einen auch ganz körperlichen Eindruck von einzigartiger Intensität, die ihn bis heute prägt.
In enger Zusammenarbeit mit Anna Faber (Violine), Mia Bodet (Violine), Yodfat Miron (Bratsche), Sophie Notte (Cello), vier Musikerinnen vom Solistenensemble Kaleidoskop aus Berlin, entsteht in „In your Head“ ein szenisches, performatives Echo auf Schostakowitschs bahnbrechendes Werk. Mit einer ergreifenden, sensiblen Schärfe wird Schostakowitschs Quartett bis in die kleinsten Nuancen der Partitur in dieser Arbeit wortwörtlich „verkörpert“. Das Stück ist in einer kammermusikalischen Anordnung aufgebaut und folgt einer spiegelbildlichen Dramaturgie, die Tanz, Atemarbeit, Sprache, Musik und Stille miteinander verbindet.
Text im Original von Jérôme Provençal (Montpellier Danse), Bearbeitung/Übersetzung von Louise Marion und Alexander Krupp